Sonntag, 1. April 2012

John Irving - Witwe für ein Jahr


Fuck you, Mister Irving! Ja, schmunzel nich' so!

Quelle
Kannst doch nicht so ein perfektes erstes Buchdrittel (erstes Kapitel) schreiben. Ein Kapitel, welches wohl im Bertelsmann in der Wikipedia die Bedeutung von "rund" übernehmen wird. Ein Kapitel, in welchem man alle Figuren sofort liebgewinnt. In welchem die richtige Abstimmung zwischen Detailgrad und Geradlinigkeit gefunden ist. Wo man nie das Gefühl hat, irgendwann geht alles in die Brüche. Sondern einfach gar nicht an die Zukunft denkt, weil der Augenblick so toll beschrieben wird. Nie fragt man sich "Huch, das Buch heißt doch 'Witwe für ein Jahr', was hat das denn damit zu tun?" Und dann BAM! 32 Jahre später.

Warum schlägt die anfängliche Ungeduldigkeit ("Was ist mit den Figuren passiert?") in lähmende Starre ("Aha, Nebenperson X hat also früher in einem Hotel in den Alpen immer Winterurlaub gemacht ... aber nur alle zwei Jahre, weil ja geschieden und geteiltes Sorgerecht") um? Warum muss einem noch ein konstruierter Mord untergejubelt werden? Warum wird eine eh schon langweilige neue Person gekillt? Und überhaupt - die Figuren, welche am Anfang am interessantesten waren, werden kaum noch behandelt. Stattdessen wird die Person behandelt, welche ihren Charme im ersten Kapitel im Grunde nur aus ihrem Kindsein zog.

Nichts für ungut. Lesen lässt sich das ganze echt smooth. Im ganzen Buch. Aber die ähnlich erstarrendem Kerzenwachs zähen Längen im Mittel- bis Endteil (gefüllt mit geschickt versteckten Betrachtungen über das Autorenleben, was eindeutig autobiographisch ist) passen imho nicht wirklich zum Anfang. Dazu kommen die teils unrealistischen Handlungsverläufe und die Hinwendungen zu Personen, welche einen nicht wirklich interessieren, geschweige denn zum Mitfiebern anregen.

Quelle
Kurz zur Geschichte (ist ja vielleicht auch nicht so unwichtig). Paar bestehend aus notorischem Frauenheld und wunderschöner, aber kalter Frau haben nach dem schrecklichen Tod ihrer beiden perfekten Söhne noch eine Tochter bekommen. Frau kann dieses Kind aber nicht mehr so lieben wie ihre Söhne. Mann will die Scheidung mit dem anstehenden Kampf ums Sorgerecht einleiten, indem er einen zwanzig Jahre jüngeren Spross einer befreundeten Familie über den Sommer einlädt. Er weiß, dass dieser 16-jährige Junge seinen Söhnen sehr ähnlich sieht und dass seine Frau eine Affäre mit ihm anfangen wird, weil sie ihre Söhne in dem Jungen sieht und seit Jahren gefühlsmäßig ausgezehrt ist. Frau macht das tatsächlich, aber will das Sorgerecht gar nicht. Ihr war schon vorher klar, dass sie ihren Mann und ihre Tochter für immer verlassen wird.

Später konzentriert sich das Buch fast ausschließlich auf die mittlerweile erwachsene Tochter und ihr Leben vor und nach dem Abschied der Mutter. Die anderen Personen kommen eher nebenbei vor.

Auf jeden Fall Daumen-hoch I Like Plus One für das erste Drittel des Buchs. Ein Meh auf hohem Niveau (welches vom ersten Kapitel gesetzt wurde) für den Rest. Irving's Schreibweise gefällt allerdings. Also mal sehen, was es von ihm noch so gibt.

2 Kommentare:

  1. Hmm, klingt irgendwie langweilig ... Gibts noch was anderes, was mich motivieren könnte, das Buch zu lesen ?

    Warum hast du es denn gelesen ?

    Elaboriere !

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  2. "Hmm, klingt irgendwie langweilig"

    http://www.youtube.com/watch?v=XVCtkzIXYzQ ;-)

    "Gibts noch was anderes, was mich motivieren könnte, das Buch zu lesen ?"

    Außer, daß es gut geschrieben ist und die Story zumindest anfänglich mitreißt?

    "Elaboriere !"

    Hab ich doch. :-D

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