Donnerstag, 31. Mai 2012

Italo Calvino - Wenn ein Reisender in einer Winternacht


Gefährliche Lektüre! (Quelle)
Du, lieber Leser, schlägst "Wenn ein Reisender in einer Winternacht" mit einem vorsichtigen Ruck auf (um das Geräusch der Dehnung des Einbandes dieses fabrikneuen Buches zu genießen). Kaum beginnst du zu lesen, da bemerkst du ein leises Zischen. Es ist kaum hörbar und kommt näher. Unmöglich zu sagen, woher genau, aber der Abstand zwischen seiner Quelle und deinen Ohren verringert sich ganz offensichtlich immer mehr. Nun wird es sogar noch lauter und scheint aus verschiedenen Richtungen zu kommen. Nein, nicht aus unterschiedlichen! Aus dem Buch! Und mit einem Male packt es dich und wirft dich, ähnlich einer aus seiner astenen Verankerung gerissenen Baumfrucht, in den unterliegenden Strom.

Der Aufprall ist gar nicht so schmerzend, wie du ihn dir während deines nur lidschlaglangen Sturz ausgemalt hast. Die Strömung ist gemächlich, aber sehr direkt. Du treibst, kommst aber nicht an die Ufer. Einige im Fluß befindliche spitz aufragende Steine pieken dich und bohren sich ein paar Milimeter in deine Haut. Das schmerzt nun schon ein wenig. Nach einiger Zeit fühlst du ein paar Verwirbelungen, welche dich wie einen Kreisel im Wind desorientiert zurücklassen. Auf einmal merkst du, dass die unter dem Wasser aufsteigende Böschung dir Standfestigkeit gibt und du am Ufer angelangt bist.

Der Strom des Lesens. (Quelle)
Doch was passiert da gerade? Eben, als du den Kopf hobst um deinen Fluchtweg zu planen, da sahst du einen Weg, der schnurstracks wieder zu deinem Heim führt. Jedoch, warum türmt sich dann auf einmal eine gewaltige Klippe vor dir auf? Du betastest sie, um ihren Realitätsgrad abzuschätzen und tatsächlich, sie ist da und ragt bedrohlich mehrere Hundert Meter vor dir auf. Aber es nützt ja nichts, du beginnst zu klettern. Anfangs sind die Griffe leicht zu finden und du kommst gut voran. Doch irgendwie vernebeln sich deine Sinne, je weiter du nach oben steigst. Du beginnst zu phantasieren. Du denkst an eine Geschichte eines einsamen Wetterstations-Meteorologen, der tief in Intrigen verstrickt ist. Sie ist spannend. Komisch, obwohl du sie kennst, kommt dir immer nur jeder nächste Satz ins Gedächtnis, wenn du gerade an ihm angelangt bist. An dem Punkt, wo ein Sturm (in der Geschichte) aufzieht und der Meteorologe, nass und verdunkelt in der Tür stehend, dich mit rachsüchtiger Stimme für seine Probleme verantwortlich macht, obwohl du ihm (den du nicht kanntest) nur helfen wolltest, als er dich bat, für eine Weile seine Station zu übernehmen, knackt etwas. Es ist der Griff, an dem du hängst! Er löst sich zielstrebig ab und befördert dich zurück in den Fluss.

Dieser Aufprall war nun schon etwas härter als vorher. Aber du bist da, wo du auch vor 20 Minuten schon warst: im Strom, getrieben, mit kleinen Felsspitzen, die dir wehtun. Trotzdem ist etwas anders. Die Strömung ist stärker und du merkst auch warum: vor dir schäumt - das Licht diffus brechend - ein kleiner Wasserfall.

Deine Anstrengungen, dem Buch zu entkommen. (Quelle)
Als du rasend schnell den Wasserhang hinab fällst, wirst du an ein weiteres Ufer gespült. Und es wiederholt sich das schon bekannte Spiel. Ein Abhang entsteht vor dir, welchen du aufsteigst. Die Geschichte, welche du nun halluzinierst (sie hat etwas mit einem Liebesdreieck in einer von der Revolution überrannten Stadt zu tun), baut sich vor dir auf. Als dir deine Geliebte eröffnet, sie sei Konterrevolutionärin und müsse dich nun umbringen, sagst du, du wärst dafür abgestellt worden, sie zu überwachen, denn sie sei Revolutionärin. In dem Moment sagt der andere... Dein Halt verringert sich und du landest abermals im Wasser.

Der dich in den Fluß stieß und die      
Gemäuer erschuf. (Quelle)
Erschöpft verfällst du, lieber Leser, du Getriebener, in eine Trance. Kann es sein, dass dieser Zyklus aus dem immer schnelleren Treiben im Strom, dem Spülen ans Land, dem Aufstieg und dem darauf folgenden Fall zurück in den Fluss sich auch in deiner Trance dauernd wiederholt? Jedenfalls türmen sich immer mehr Geschichten auf, die kurz vor ihrem spannendsten Punkt abbrechen. Es geht um Gangster, die ein verworrenes Netz von Spiegelstrukturen, von gefälschten Limousinen, von unechten Geliebten aufbauen, nur um seinen Feinden einen Schritt voraus zu sein. Es geht um mexikanische Sagengestalten, die sich an dir rächen, weil du der Sohn deines Vaters bist. Und um einen japanischen Studenten, der erst die Tochter seines Professors begehrt und dann bei der Mutter landet. Nur um zu sehen, dass alles das ein Plan des Professors war. Und jedes Mal weißt du nicht, wie es weiter geht. Jedes Mal landest du im Wasser, welches, wer weiß warum, nach jeder Geschichte ein wenig wärmer geworden ist.

Du wachst auf. Du bist auf eine magische Art und Weise ans Land gekommen und keine felsige Schutzmauer versperrt dir den Weg nach draußen. Ein wenig verwirrt ob deiner Erfahrungen der letzten Stunden, Tage oder Wochen (du bist nicht sicher), nimmst du den Weg nach Hause und fragst dich, ob dir so etwas schon mal passiert ist. Zuhause angekommen merkst du, dass "Wenn ein Reisender in einer Winternacht" verschwunden ist.

Dienstag, 29. Mai 2012

Alben-Reviews - Mini Edition - Folge 1

Nachfolgend stell ich euch in kurzen Worten ein paar ausgewählte Alben vor, die mir in letzter Zeit irgendwie besonders vorkamen.

Mark Lanegan - Blues Funeral (Quelle)
Das Beste sofort am Anfang: Mark Lanegan - "Blues Funeral". Mit seiner charismatisch tiefen kraftvollen Stimme hat der für mich schon immer Potential gehabt für tiefschürfende dunkle Loner-Songs. Aber erst mit "Blues Funeral" ist er angekommen. Dieses Album ist vor allem eins: gleichbleibend gut und abwechslungsreich. Am Anfang fallen einem natürlich die beiden besten Songs "Bleeding Muddy Waters" und "Ode To Sad Disco" auf, aber je länger man hört, desto mehr erfreut man sich auch an den anderen Songs. Diese bestechen neben dem traditionellen Bandsetup durch wohldosierten Einsatz von Elektronikelementen und durch ihren Genre-Abwechslungsreichtum. Da gibt es Blues, Disco, Pop aber straighten Rock natürlich auch. Zusammengehalten wird alles von Lanegan's Stimme. Wie aus einem Guss.

Esben And The Witch - Violet Cries (Quelle)
So'n wenig Indie-Zeuchs hört man ja auch immer mal. Zumindest wenn es so klingt wie Esben And The Witch. Auf "Violet Cries" ist die Grundstimmung eine Art Schaueratmosphäre (weiblicher Gesang mit tonnenweise Echo und langgezogenen sirenenartigen Passagen). Songs werden langsam aufgebaut, indem die gleiche Passage immer wieder wiederholt wird (mit kleinen Änderungen). Wenn das jetzt langweilig klingt: ja, das ist es manchmal auch. Aber an den Stellen, wo es funktioniert (einer musikalischen Trance ähnlich), kann man förmlich sehen, wie Hexen in einer mondlosen Nacht Stierblut trinken und Opfergaben bereiten. Am besten kann man sich davon beim "Marching Song" überzeugen, dessen Video in etwa die musikalische Herangehensweise widerspiegelt.

Ministry - Relapse (Quelle)
Richtig gefreut hab ich mich auf Ministry's neues (letztes, jaja) Album. Doppeldeutig "Relapse" betitelt. Und was soll man dazu sagen? Es geht auf die Zwölf. Ziemlich. Aber so ganz will sich die Freude dann doch nicht uneingeschränkt einstellen. Klar, der erste Track ist stattlich (typisch Ministry-cooles-uLtRa-m3g4-p1s5eD-0ff-Intro) und der zweite ("Double Tap") noch mal eine Steigerung (keine Gefangenen!). Aber bis vielleicht noch auf die für Ministry-Verhältnisse poppige Single "99 Percenters" (Mongovideo-Alarm!) haut mich das ganze nicht mehr vom Hocker wie frühere Werke. Gut bleibt "Relapse" dennoch. Ich freu mich vor allem auf das Konzert, da dann hoffentlich mehr von den alten Alben. Und wer weiß? Vielleicht beweisen ja einige der neuen Songs ungeahnte Livequalitäten *hoff*.

Killing Joke - MMXII (Quelle)
Auch so 'ne alte Band sind ja Killing Joke. Man könnte sogar sagen, sie sind genreverwandt mit Ministry. Immerhin gibt's auf "MMXII" (wie originell!) viel Industrial zu hören, aber doch bei weitem nicht mehr so viel wie früher. Für mich erfreulich schlichen sich ganz offenbar die New-Wave-Einflüsse der 80er wieder zurück in das Joke'sche Soundkorsett. New Wave heißt nämlich dann auch: vermehrt Clean-Stimme des Sängers, nicht durchgängig die (aber richtig geile) Gr0wl-Gurgel-Orgie der letzten Alben. Gewichen sind bis auf ein zwei Ausnahmen die langen Songs. Stattdessen bewegt man sich hier im Bereich der 4 Minuten. Ändert aber nix daran, dass Killing Joke ein echt starkes Album abgeliefert haben. Anspieltipps sind "In Cythera" und "Primobile".

Soulsavers - The Light The Dead See (Quelle)
Zum Abschluss noch die Soulsavers. Diesmal mit Dave Gahan am Mikro. Ansonsten kann ich mit Depeche Mode (mangels Motivation, mich mit ihnen zu beschäftigen) nicht viel anfangen. Kenne auch kaum etwas. Aber holy shit! Gahan's Stimme ist dermaßen wohlklingend, dass mir viele Songs von "The Light The Dead See" schon nach zwei Durchläufen erstaunlich gut gefallen haben. Insgesamt klingen fast alle Lieder sehr soulig, so ein wenig nach Südstaaten-Gospel meets Spaghetti-Western, haben aber ganz tief unten eine düstere Grundatmosphäre. Als gute Beispiele seien hier "In The Morning" und "Presence Of God" (jeweils nur für Leute mit GEMA-Unblocker dummerweise *hustproxtubehust*) genannt. Richtig finden tut man leider nur die nich' ganz so pralle Single "Longest Day".

Donnerstag, 24. Mai 2012

Paul Nizon - Die gleitenden Plätze

Gleitende Plätze? Was soll das denn sein? Plätze sind doch Plätze, weil sie auf einen Platz festgelegt sind. Wie können die sich dann bewegen? Und gar gleiten? Ist das ein Druckfehler? Müsste es "gleißende Plätze" heißen? Meine Wohnung ist zumindest an Tagen wie diesen auch ein gleißender Platz.

(Mit)Reißende Sätze? (Quelle)
Scheiße, Interesse geweckt. Und mit der Weisheit dessen, der vom Rathaus kommt (bzw. das Buch gelesen hat) muss nun eine Warnung ausgesprochen werden: Dies' Werk ist sehr sehr gewöhnungsbedürftig.

Eine Zusammenfassung fällt leicht bzw. schwer. Leicht, weil es im Prinzip ausreicht, zu sagen, dass "Die gleitenden Plätze" einige Kurzgeschichten enthält, deren umfassende Klammer das Spazierengehen ist. Der Autor versinnbildlicht in diesen Geschichten seine Eindrücke. Schwer, weil das Spazierengehen eben nur die Klammer ist, weil "Kurzgeschichten" eigentlich nicht der richtige Ausdruck ist und weil die Eindrücke des Autors an Stellen höllisch schwer zu entschlüsseln sind.

Die Frage ist ja auch: "Okay, da lässt sich jemand über das Spazierengehen aus. Was soll man da schon schreiben? 'War im Park. Sehr heiß. Nicht viel passiert. Zu schwach für weitere Wor'. Oder eben 'Meine Güte! Wir wurden auf unserem Weg zur Jahrestagung der Freimaurer von Fledermäusen angegriffen. Thor packte schon seinen Hammer aus. Aber ich sagte: Wir können hier nicht anhalten. Das ist Fledermaus-Land. Und dann regnete es Blut...' ".

(Sich)Ausbreitende Schwärze. (Quelle)
Beides ist wie unschwer zu erahnen NICHT der Fall in diesem Druckerzeugnis. Seien wir mal konkret: In einer - sehr kurzen - Geschichte geht es um die Tempi, die Rhythmen des Alltags (so wie es überhaupt immer um den Alltag geht). Da werden die zuckenden, schunkelnden Bewegungen eines in seiner Musik versunkenen Akkordeonspielers dem sanften Auf- und Abgleiten eines Motorbootes entgegengesetzt. Nur um wieder verdrängt zu werden durch das starke und beruhigende Voranwalzen eines Dampfschiffes am Horizont.

Hat das jetzt viel gebracht? Ist das Verständnis so sehr viel besser geworden? Ich denke nicht. Und das ist auch der Punkt. In "Die gleitenden Plätze" geht es nicht um Inhalt und auch nicht um die Form. Es geht um den Moment, um die kreierte Stimmung. Was natürlich impliziert, dass nur derjenige Gefallen finden kann, der sich darauf einlassen kann und es selber liest. Völlig neutral, ohne Wertung.

Ja, es ist ein sehr schwieriges Buch. Die Zeit des Durchlesens zog sich bei mir auch deswegen arg in die Länge. Außerdem oszillieren (huch, ein Fremdwort) die Geschichten qualitativ meiner Meinung auch ein wenig/erheblich. Dadurch taumelt man lesetrunken auf einem sehr schmalen Grat zwischen Aufgeben und Weiterlesen.

Aber wer das Gefühl kennt, um drei Uhr morgens motorisiert durch dunkle Dörfer zu "gleiten", während gleichzeitig Neurosis' "Away"  in voller Lautstärke läuft und einfach alle die Schnauze halten; aber auch wer das Gefühl kennt, endlich einen Film zu verstehen, der einen erstmal sprachlos machte ob seiner unverständlichen Wendungen und Bildergewalt - Der könnte an "Die gleitenden Plätze" vielleicht unter Umständen Gefallen finden.


Mittwoch, 16. Mai 2012

F. Springer - Bougainville


Einladender Einband (Quelle)

-- „Wenn ich dem täglichen Elend entfliehen will, dann sage ich leise diese Namen auf: Cape Farewell in Neuseeland, Alice Springs in Australien, Mandalay in Birma und Bougainville in der Südsee, ach Bougainville...“ Wie eine Zauberformel, wie ein Geständnis hat der UN-Botschafter Tommi Vaulant den Namen der schönsten aller Südsee-Inseln ausgesprochen: Bougainville. Und sich mit dieser rätselhaften Schwärmerei von Bo, dem Freund aus Kindertagen und niederländischen Botschaftsangestellten in Dacca, verabschiedet. Zwei Tage später schwimmt Vaulant in einer paradiesischen Bucht weit ins Meer hinaus und kehrt nicht mehr zurück. --         (aus der Amazon-Beschreibung)

Klang eigentlich ganz brauchbar. Eine Geschichte über Fernweh, über exotische Orte der Welt vermischt mit ein wenig Krimi oder was ähnlichem hatte ich erwartet. Es kam leider ein wenig anders. Oder nicht? Eigentlich geht es in "Bougainville" ja wirklich um exotische Orte. Meistens allerdings um Indonesien und Bangladesch, aus Sicht der "zivilisierten" Westeuropäer. Es werden kleine Anekdoten erzählt, welche dummerweise die Eigenheiten dieser Länder bestenfalls andeuten. Auch da hab ich mir mehr erhofft.

Die zwei Handlungsstränge (von Eisenbahnpionier Opa und Diplomat Enkel, jeweils ausgedehnt auf ihre ganze Lebensspanne) sind ganz nett, aber transportieren bei mir nicht das Gefühl, daß ihr Leben "ein Geheimnis nicht preisgegeben [hat]" oder daß sie "eine große Sehnsucht [treibe]", wie es auf dem Buchrücken zu lesen ist. Auch ist meiner Meinung nach die Lebensgeschichte der zwei Figuren jetzt nicht sooo aufregend bzw. fesselnd.

F. Springer: früher selbst Diplomat, jetz' tot. (Quelle)
Ein wenig interessanter ist da schon die dritte Person, welche als Erzähler der Anekdoten von Opa und Enkel fungiert. Zwar hat auch diese nicht sonderlich viel interessantes zu berichten, aber die Erlebnisse sind insgesamt ein wenig spannender, mehr zum Punkt. Wohingegen die Erzählweise bei den anderen beiden oft an Einzelheiten und fremden Begrifflichkeiten (ausländische Namen, Bezüge auf historische Gegebenheiten) krankt.

Zusammengefasst ist "Bougainville" wohl Geschmackssache. Und Geschmack ändert sich oftmals mit Zeit, Raum und Umständen. Die Frage ist, ob ein Buch, welches einem nur dann gefällt, wenn gerade alle Sterne in der richtigen Konstellation am Himmel stehen und der Vollmond sich zu 7/8 zeigt, gut ist. Gibt es nicht Bücher, die unbedingt gefallen, welche also immer gut sind? Ist das überhaupt wichtig? Fragen über Fragen. Fakt ist, Bougainville war für mich leider nur durchschnittlich zu lesen.

Sonntag, 6. Mai 2012

Rock Im Park Check - Part 2

Nun, da die Spielpläne bei Rock Im Park veröffentlicht wurden, sende ich ein herzliches 


an die Veranstalter. Soundgarden und Machine Head auf verschiedenen Stages zur gleichen Zeit und Mastodon um 1 Uhr nachts? Die haben ja nicht alle Latten im Schrank.

Freitag, 1. Juni

Mastodon? Sind die nicht getrennt oder ausgestorben oder so? Ne, quicklebendig. Beweise folgen ("Sleeping Giant", startet mitten im Video, der Song dauert keine 33 Minuten ;-) ):



Weiter mit den Urzeittieren. Auftritt Metallica. Diese Version von "Hier kommt der Sandmann" hab ich so noch nie gehört:



Vor ihnen spielen Billy Talent. Sicher auch ein paar neue Songs vom im Juli erscheinenden neuen Album. Hoffentlich fangen sie aber hiermit an, denn dieses Lied bleibt einfach der perfekte Opener ("This Is How It Goes"):



Auch so ein Geniestreich: The Hives spielen gegen Metallica an. Dummerweise werde ich also unter anderem auch "Tick Tick Boom" verpassen:



Für die Indiediskoscheisser gibt's die funky Ting Tings ("Hang It Up") und Herrn Peter Doherty ("Fuck Forever"):



Bei Rock Im Park geht's aber auch manchmal in die Elektro-Richtung. Kann man Enter Shikari bei "Sssnakepit" ja auch noch als Rockband bezeichnen, hören wir bei Skrillex kaum noch ... *wub*wub*wub*wuuuuuuub*wub*wub*wub*wuuuuuuub*wub*wuuub*wuuub*wub*wuuuuuuuuuuuuuuuuuuub*wub*wub*  ich kann euch nicht mehr hören!





Den besten Superhelden aller Zeiten (Avengers? pffff) besingen Tenacious D in "Wonderboy". Auch sie kommen mit neuem Album im Gepäck.



Es geht weiter mit der Nicht-gerade-mit-Ruhm-Bekleckerei der Veranstalter, denn weit unten im Spielplan müssen wahrscheinlich Refused versauern. Kann sich denn niemand von denen vorstellen, wie geil "New Noise" bei voller Dunkelheit käme?


The New Beat, The New Beat, The New Beat, The New Beat, The New Beat, The New Beat, The New Beat, The New Beat, The New Beat, The New Beat, The New Beat!

Samstag, 2. Juni

Hier gibt's aufgrund akuter Schwachbrüstigkeit des Line-Ups nur zwei Tipps: The Offspring ... laalaa lalala laalaa lalala. Warum die nicht Headliner sind, sondern die Toten Hosen? Egal, die haben ja trotzdem "Self Esteem":



Ein persönlicher Geheimtipp aufgrund genialer Show könnten Ghost sein. Klar ist das alles wieder nur eine Parodie, aber wenn man schon mal da ist und Zeit hat, kann man "Elizabeth" echt mal begutachten (hier auch die Studioversion):



Dat war's. Knapp einen Monat to go :-)))

Dienstag, 1. Mai 2012

Drei tötliche Alben

Heute mal ein leichtes Thema: Tod. Na gut, nicht so leicht. Aber ich will ja auf die musikalische Verarbeitung des ganzen hinaus. Und deswegen hier nun eine Liste der 666 besten Death-Metal-Bands:

  • Death, Pig Destroyer , (Bitch Please!) Cattle Decapitation (Herden-Köpfung), Gorefest, ...

Layne Staley von Alice In Chains (Quelle)
Okay okay, nur ein Scherz. Wie man auch anders mit dem Thema umgehen kann (und zwar auf Albenlänge), beweisen drei Musiker/Bands, die ich euch vorstellen will. Da es eh sinnlos ist, die Songs auf den Alben in epischer Länge zu beschreiben, will ich nur darlegen, warum ich diese Platten so einzigartig finde. Das heißt nicht, dass ich diese Werke durchgehend genial finde, es geht eher um den Charakter der Platten. 

Antreten tun Alice In Chains, Tom Waits und Lou Reed. Alle drei Alben unterscheiden sich nicht nur im Musikstil, sondern in der Herangehensweise. Kurz zur jeweiligen Vorgeschichte:
Tom Waits von Tom Waits (Quelle)
Alice In Chains: Eine 90er-Rock-Band, welche zu hart für den Grunge und zu weich (sprich "melodiös" und "untechnisch") für Metal war. Nach zwei hervorragenden Studioalben erscheint 1995 das selbstbetitelte "Alice In Chains". Dass dieses erst drei Jahre nach dem Zweitling "Dirt" veröffentlicht wird, ist vor allem auch den ewigen Drogenexzessen des Sängers Layne Staley geschuldet.

"Drugs worked for me for years and now they're turning against me, now I'm walking through hell." (Layne Staley 1996)

Lou Reed von Lou Reed (Quelle)
Tom Waits: Waits fühlte sich seit jeher zu den Schattenseiten der Gesellschaft und den Hinterhöfen der Großstadt hingezogen. Versager, Besoffene und merkwürdige Menschen waren schon immer sein lyrisches Lieblingsthema. Und nun geht es halt um Mord und Tod. Nicht ungewöhnlich für den Herrn Waits. Stilsicher wie immer wird das Album "Bone Machine" betitelt.

Lou Reed: Verlor zwei sehr gute Freunde aufgrund Krebserkrankungen innerhalb kurzer Zeit. Wer ein echter Künstler ist, schreibt dann ein Album darüber. Lou Reed ist ein echter Künstler. Argumentation abgeschlossen. Und das ist mein voller Ernst.

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Alice In Chains - Alice In Chains (1995)

1, 2, 3, ... Da fehlt was! (Quelle)
Fangen wir mit "Alice In Chains" an. "Dirt" war ein hochkreativer Junkie, aus dessen Poren die Ideen nur so herausschossen. Dieser Junkie bewegte sich auf einem sehr schmalen Grat, immer nah am Rande des Wahnsinns. Doch alle Probleme, die schon bedrohlich am Horizont lauern, wurden locker bewältigt, ganz allein aufgrund der überbordenden Energie. 

Nun, drei Jahre später ist der Junkie am Ende. Er liegt am Boden, komatös, den Tod erwartend. Doch die Kreativität ist noch da. Talent bleibt Talent. Heraus kommt ein monströses Album, das sich in die Länge ziehende Songs hat, dem langsamen Hinsiechen des Junkies gleich. Die Atmosphäre ist grabesdunkel und kaum ein hoffnungsvoller Ton ist zu vernehmen. Der Hauptunterschied zu "Dirt" ist die völlige Abwesenheit der damaligen Energie

Ich weiß, das ist schwer zu verstehen, ohne die Songs gehört zu haben. Doch genau das macht das Album für mich aus. Die Songs sind melodiös und gehen auch aufgrund der Texte ins Mark. Aber immer hat man den Eindruck, dass sich Layne (nennen wir das Kind doch beim Namen) im Prinzip schon aufgegeben hat. Die Songs sind die letzte Möglichkeit der Verarbeitung seines Lebens, welches 2002 nach Jahren des langsamen Auseinanderbrechens zu Ende geht. 

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Tom Waits - Bone Machine (1992)

Gleich mal die Atmosphäre von "Bone Machine" klar machen. Der Refrain des ersten Songs "Earth Died Screaming" deklamiert "WELL THE EARTH DIED SCREAMING WHILE I LAY DREAMIN!", in schauderhaftestem Waits-"Gesang". Begleitet wird das ganze von Perkussion, welche einen Knochentanz simulieren, knarzenden Soundeffekten und grotesk verzerrten Gitarrenklängen. Kopfkino at its best!

Und es geht immer weiter mit diesen fantastischen Bildern, welche durch die Songs erzeugt werden. Zum Beispiel bei einem Selbstmörder, der dies aber nicht schafft, denn "The Ocean Doesn't Want Me".  Vorgetragen in ominösem Sprechgesang, mit tollen Textzeilen wie diesen:

The Ocean Doesn't Want Me Today / But I'll Be Back Tomorrow To Play
Down Into The Endless Blue Wine / I'll Open My Head And Let Out All Of My Time
I'd Love To Go Drowning / And To Stay And To Stay

Lalala, alles ist schön. (Quelle)

Untermalt werden diese Bekenntnisse wieder durch langsame Knochendrums (Marimbas) und schwermütige Soundeffekte.

Beim balladenartigen, doch abermals sehr düsteren "Dirt In The Ground" geht es darum, dass wir am Ende nur ... naja ... halt "Dirt In The Ground" sind. Bei "Jesus Gonna Be Here" klagt jemand seinem Herrn und Erlöser sein hoffnungsloses Leid. Jesus wird ihn retten, doch wir als Hörer wissen durch die Atmosphäre und Machart des Lieds sofort, dass dies nicht der Fall sein wird. Zum Abschluss noch ein paar Liedzeilen von "In The Colosseum":


As The Senators Decapitate The Presidential Whore / The Bald Headed Senators Are Splashing In The Blood / The Dogs Are Having Someone Who Is Screaming In The Mud   

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Lou Reed - Magic And Loss (1992)

Zuguterletzt Louuuuuuuuuu. Wenn ich auch viel von ihm als totalen Müll einstufe, fasziniert mich Lou Reed dennoch ungemein. Wenn es jemanden gibt, dem alles um ihn rum egal ist und welcher sein eigenes Ding auf Gedeih und Verderb durchzieht, dann Reed. Gleichzeitig ist er aber mit Feuer dabei, wenn es um Kritik an seinem Werk geht und verteidigt seine "Kinder" wie sein eigen' Fleisch und Blut. 

Louuuuuuuuu! (Quelle)
Kritikpunkte an ihm gibt es genug. Da wäre das ständige kreative Hakenschlagen. Es kann das tiefsinnigste Album mit warmen Akustikgitarren und Celloklängen erscheinen. Kurze Zeit später haut er eine Kollaboration mit Metallica raus, welche von so gut wie allen Kritikern verrissen wird. Nicht vollständig ohne Grund. Auch ist sein Hang zum Sprechgesang (eigentlich grundsätzlich sein Gesang) wohlwollend als "Geschmackssache" zu bezeichnen. 

Mir persönlich gefallen die rockigen, "schnellen" Songs nicht besonders. Dafür sind die langsamen, sich zurücknehmenden Lieder genial. Bei diesen kommt Lou's warme einschmeichelnde Stimme perfekt zur Geltung, da er sie nicht in unschöne Höhen schraubt wie auf den "Rocksongs". Absolut packend finde ich auch seine lyrische Herangehensweise. Er ist ganz eindeutig kein Verfechter von Metaphern und Sinnvergleichen. Die Zeilen, die er liefert, sind ultrarealistisch und ultradirekt. Keine Verschleierung notwendig - viele dieser Zeilen treffen auf diese Weise hochpräzise ihr Ziel. Schöne Metapher! 

Diese Kombination ist der Grund, warum "Magic And Loss" in diesen Songs so großartig ist. Als Beweis seien nur diese beiden Songs verlinkt.

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Woah, langer Post! Im nächsten dann die verbleibenden 662 besten Death-Metal-Bands, geordnet nach Blutrünstigkeit ihrer Namen.