Freitag, 23. November 2012

Jean-Paul Sartre - Die Kindheit eines Chefs


"Ich finde an ihm seine Sichtweise gut, dass Menschen selbst für sich verantwortlich sind und ihrem Leben eigenständig Sinn geben müssen." 


Der Mensch ist zum Lesen verurteilt.
(Quelle)
Seit mich jemand mit diesem Hinweis auf Jean-Paul Sartre brachte, wollte ich etwas von ihm lesen. Sartre bleibt allerdings ein Philosoph und sein 1000-seitiges Hauptwerk "Das Sein und das Nichts" wollte ich mir nun doch nicht antun. Also wurde nach kurzer Recherche "Die Kindheit eines Chefs" auf die rebuy-Liste gesetzt. Jetzt, deutlich später, war dieses Buch nun endlich verfügbar und damit meins.

Das gelesene Büchlein enthält fünf kurze Geschichten auf knapp unter 200 Seiten. Alle haben etwas mit seinem Credo "Der Mensch ist zur Freiheit verurteilt" zu tun, was im Prinzip heißt, dass der Mensch sich von unbelebten Dingen wie einem Stein dadurch unterscheidet, dass er "handelt". Der Stein handelt nicht, er liegt stumm da. Der Mensch aber ist in seine Existenz geworfen - ungewollt - und hat immer eine Wahl. Er kann sich entscheiden, und zwar in jeder Situation. Und um seinem Leben wirklich einen Sinn zu geben, MUSS er das sogar. Er darf sich also nicht von den Dingen treiben lassen und sich Entscheidungen verweigern. Dann wäre er nichts anderes als ein "Ding", über das entschieden wird. Mir gefällt diese Sichtweise ungemein, weil sie zwar sehr trivial klingt, aber doch unglaublich optimistisch ist. Sie bedeutet, dass jeder den Sinn des Lebens finden kann und zwar auf seine eigene Weise. Und wenn es auf eine Weise nicht funktioniert, so ist ein anderer Ansatz auch in Ordnung. Dies hat den Anschein von Beliebigkeit, als ob dieser Maxime nach alles das Richtige ist. Doch gerade der Vorwurf des Sich-Treiben-Lassens trifft wohl auf alle Menschen zu, mal mehr und mal weniger.

Nie ohne Pfeife unterwegs: Die Pfeife von JPS (Quelle).
Die Geschichten erzählen von alltäglichen und einzigartigen Geschehnissen, z.B. vom Standhaftbleiben eines zur Erschießung verurteilten Widerstandskämpfers oder von einem Mann, welcher Menschen hasst und sich durch einen Mord zur Berühmtheit machen will, am Ende aber nicht konsequent genug ist, sich selbst zu erschießen. Die titelgebende Geschichte befasst sich mit der Sinnsuche eines jungen Menschens. Sein Weg zum Chef-Dasein ist familiär vorgezeichnet, aber er hat Schwierigkeiten, seinen Platz im Leben zu finden. Diese beruhen auf seinem Selbstbild, was im Endeffekt durch die Sicht der anderen auf ihn gebildet wird. Er sammelt vielfältige Erfahrungen und findet am Ende sein (scheinbares) Glück im fanatischen Antisemitismus.

Ein schönes Buch zur Verdeutlichung der Sartre'schen Philosophie. Auch als Schriftsteller - vor allem die letzten zwei Erzählungen sind klasse und atmosphärisch dicht verfasst - war dieser exzellent.

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