Samstag, 28. April 2012

Max Prosa

Avalanche: "Max Prosa ist ein deutscher Singer/Songwriter..."

Verstand: "Jaja, kenn ich. Der hat mit seinem Nachnamen aber außerordentlich Dusel gehabt. Was passt besser zu einem Sänger als 'Pro...' " (wird unterbrochen)

Kann sich leider seine Texte nicht merken: Max Prosa. (Quelle)
Avalanche: "Ähm, der heißt aber nicht wirklich so."

Verstand: "Achso. Egal, jedenfalls kupfert Max (wenn er so heißt) ja schamlos von Bob Dylan ab. Er spielt Mundharmonika, hat einen lockigen Wildwuchs auf dem Haupt, nuschelt und hat sogar einen Song "Visionen von Marie" (Bob Dylan: 'Visions Of Johanna')."

Eitelkeit: "Ach, geh kacken. Ist ja klar, dass er von Bob Dylan gehört hat. Wer hat das nicht? Gerade, wenn man selbst Musik macht. Und dass die Songs ähnlich heißen, ist genau so gewollt, eben als Verneigung vor dem Altmeister."

Avalanche: "Gönnnnau. Im Endeffekt kommt es ja wohl auf die Musik an."

Eitelkeit: "Auf jeden. Der spielt auch nicht so 'nen belanglosen "Kuschelpop". Die Songs sind eigentlich (fast) alle kitschfrei. Besonders gut gefällt mir auch die Band. Die können einfach alles."



Keinerlei Ähnlichkeit: Altmeister Bob. (Quelle)
Verstand: "Pff, ist doch voller Container überproduziert. Acht Gitarreneffekte übereinander, Kistenschlagzeug plus Vibraphon machen noch keine gute Musik."

Eitelkeit: "Mag ja sein, aber das ist alles überlegt eingesetzt. Es trägt zur Atmosphäre bei. Und ich mögen Atmosphäre!"

Avalanche: "Ähhhm ja. Jedenfalls, mir persönlich gefallen die etwas sparsamer arrangierten Songs am besten."

Eitelkeit: "Die ein wenig schnelleren klavierlastigen Songs sind aber auch nicht zu verachten."

Verstand: "Aha. Dann geht doch zum Konzert, wenn ihr ihn so mögt."

Avalanche: "Bin ich doch. Und da fiel mir auf, dass der live noch 'nen ganzen Zacken besser rüberkommt. Es gibt z.B. viele Songs, die nur bei den Konzerten gespielt werden."

Live auf der Litpop, gekleidet wie ein Penner. (Quelle)
Eitelkeit: "Jau, die regeln!"

Avalanche: "Allerdings sind diese Lieder länger und etwas ausgeflippter. Es geht da um Clowns, Gedichtvertonungen, verlorene Alleen und schwarze Cafés."

Verstand: "Boar, cool! Schwarze Cafés. Hab ich ja noch nie gesehen *gähn*"

Picard: "Ja, Junge, Alde. Dat is Kaffee, echt jetz. Und Kaffee is' nu mal lecker. Schwarz, stark und vor allem schön lecker."

Avalanche: "Es ist einfach Ganz Großes Kino! Eigentlich kaum zu glauben, dass so ein junger Bursche dermaßen talentiert ist und solche abwechslungsreiche Songs schreibt. Bin echt gespannt, was von Max Prosa noch so kommt."


Dienstag, 24. April 2012

Rock Im Park Check - Part 1

Bald ist Rock Im Park 2012 und hier ein paar ausgewählte Bands ohne spezielle Reihenfolge mit ausgewählten Videos von (meist) Live-Auftritten.


Sonntag, 3. Juni 

Den Anfang machen Soundgarden mit "Outshined". Anzumerken sind Chris Cornell's bärenstarke Stimme damals (1991) und das coole COC-Shirt des Gitarristen. Heute ist das bei Cornell so eine Sache. Jahrzehntelanges Singen in dieser Intensität geht halt einfach nicht gut und deswegen gibt's bei ihm stimmlich mittlerweile auch mal schlechtere Tage.


Gesichtsakrobatik á la bonneur sind bei Trivium zu beobachten. Ob der beim Kacken auch so schaut? Egal, "In Waves" verdeutlicht das Trivium-Prinzip. Mische halbwegs harte Growls mit Kaugummi-Refrains. Das ist allerdings noch nicht immer so, also mal sehen.



Einfach "hamma" sind imho Machine Head. Und zwar zehn Tonnen Hamma. Brütal!



Auch anwesend ist Marilyn Manson. Natürlich mit neuer Platte und neuen Songs. Hier allerdings ein altes Live-Video. Und zwar eins mit "Beautiful People".



Um runterzukommen sind ja dann die Jungs von Cypress Hill da. Die haben extra ein "Weed-Medley" gebastelt.



Nicht so schnell, Spochtsfreund! Auch die Kollegen von Killswitch Engage sind ja da. Und die verbinden Metalcore-Riffs mit echt hymnischen Refrains, wie auch hier bei "Element Of One". Sicher Geschmackssache, aber für so zwischendurch hören ganz cool.



Voll auf die Zwölf gibt's dann bei den gar nicht so religiösen Lamb Of God. Kann mich allerdings noch nicht so recht mit der Live-Gesangsleistung anfreunden, deswegen hier ein (schön animiertes) Video der Studioversion von "Ghost Walking".



Das Gaspedal bleibt durchgedrückt. Motörhead und ganz besonders Lemmy sind einfach Legenden. Die Mucke ist zwar nicht so meine, aber "Overkill" ist z.B. geil.



Nun noch ein Teil der sogenannten Big 4 des Thrash Metals: Anthrax. Die nehmen sich mal nicht ganz so ernst wie andere Bands des Genres und vielleicht ist ja "Madhouse" genau darauf bezogen? ... Ne, isses nich, aber egal.



Going out with a bang! Steel Panther mit "Death To All But Metal". Ohne Worte :-D


Wer hier nix sehen kann, klicke bitte diesen Link.

Bald dann Freitag und Samstag. Bis denne!


Donnerstag, 19. April 2012

Rafik Schami - Erzähler der Nacht


Erzähler der Nacht (Quelle)
Was erst einmal wie ein typischer Fantasytitel klingt, entpuppt sich recht schnell als etwas ganz anderes. Bei "Erzähler der Nacht" haben wir es im Prinzip mit einem Märchen zu tun. Einem sehr gemächlichen Märchen mit einer Grundstimmung, wie man sie von anderen bekannten orientalischen Erzählungen ("Der kleine Muck", "Geschichten aus Tausendundeiner Nacht") kennt. Alles emotionale wird immer ein wenig übertrieben ("Gesegnet sei deine Hand", "Ich schwöre bei der Seele meiner Mutter"), doch die Geschichten haben allesamt etwas zauberhaftes an sich.

GeschichteN? Ja, denn es geht um einen Kutscher aus Damaskus, der eines Tages stumm wird und nur dann wieder sprechen kann, wenn ihm seine sieben Freunde in einer Woche je ein von Herzen kommendes Geschenk machen. Auf materielle Weise funktioniert dies nicht, wie sie schnell herausbekommen. Also erzählt jeder von ihnen dem Kutscher, welcher vor allem als genialer Geschichtenerzähler (nur so bekommt er seine Fahrtgäste) bekannt ist, eine Geschichte. Und darum geht es in diesem Buch.

Viel mehr gibt es dazu eigentlich auch gar nicht zu sagen. Die Geschichten sind meist fantasievoll und werden mit Temperament erzählt. Dabei wird keine Lehre á la "Und die Moral von der Geschicht..." transportiert, was auch mal sehr erfrischend ist. Lesetechnisch geht "Erzähler der Nacht" deswegen auch sehr gut von der Hand.

Rafik Schami (rechts im Bild) (Quelle)
Durch die Einteilung des Buches in 12 Kapitel (nach den einleitenden Kapiteln gibt es für jede Geschichte ein Kapitel) bietet es sich für kurze Gute-Nacht-Lektüre hervorragend an. Nebenbei bekommt man (auf recht oberflächlichem Level allerdings) ein wenig vom Damaskus der 1960er und der syrischen (um nicht zu sagen "arabischen") Mentalität mit. In die Tiefe geht das aber wie gesagt keinesfalls. Was eigentlich für das ganze Buch gilt. "Seichte Unterhaltung" ist "Erzähler der Nacht" deswegen noch lange nicht, denn wer hält bezaubernd erzählte Märchen für "seicht"?

Kurz (und zweideutig) gesagt: Zauberhaft und Fantastisch.

Dienstag, 10. April 2012

Daniel Kehlmann - Ruhm


Ich verstehs nicht. Was will uns Daniel Kehlmann mit "Ruhm" sagen? Neun kurze Geschichten über acht verschiedene Personen, deren Erlebnisse irgendwie zusammenhängen, mal direkt, mal indirekt.

Quelle
Alles fängt mit einem Fehler einer Telefongesellschaft an. Der zuständige Mitarbeiter schaltet eine Nummer zur Vergabe frei, die aber noch jemand besitzt. Prompt bekommen wir in Geschichte 1 mit, dass deren Hauptperson Anrufe bekommt, die eigentlich einem berühmten Schauspieler zugedacht sind. Von da an entwickelt sich ein (kurzer) Roman (Untertitel "Ein Roman in Neun Geschichten"), welcher scheinbar nirgendwo hingeht. Es gibt keinen Spannungsbogen. Alles was erzählt wird, sind ja Alltagsgeschichten. Mein Verdacht ist, dass das wohl Absicht ist. Die Verstrickung der Menschenschicksale untereinander, darum geht es Kehlmann wohl. Oder nicht?

Vielleicht geht es auch ganz abstrakt um Persönlichkeit, um das Finden des eigenen Charakters. Kann ich etwas an meinem Schicksal ändern? Bin ich der, der ich sein will? Ich weiß es einfach nicht.

Die Geschichten sind für mich relativ gut aufzuteilen. Es gibt da die langweiligen/peinlichen, die, wo man mitfühlt und die philosophischen. Peinlich ist z.B. jene, welche in Form eines Forum-Eintrags verfasst ist. Die schreibende Person stellt den Archetyp des pickligen, bei Mama wohnenden Internet-Nerds dar. Mal abgesehen davon ist die Sprache, derer er sich in diesem Eintrag bedient, etwa so, wie wenn Eltern versuchen, Jugendsprache zu demonstrieren. Fremdschämen deluxe, oder wie der n3rD es ausdrückt: "voller Container".

Daniel Kehlmann (Quelle)
Die philosophischen sind solche, welche auf einer Meta-Ebene funktionieren, die Dichtung und Realität verschwimmen lässt. Eine krebskranke Patientin auf dem Weg zur Sterbehilfe fragt den Autor, warum er sie nicht rettet. Sie wolle noch nicht sterben. Eine Frau, Freundin eines Schriftstellers, redet auf einmal mit einer Romanfigur dieses Schriftstellers. Sie stellt zudem fest, dass diese Romanfigur ihr nachgebildet ist, obwohl sie ihrem Freund (dem Schriftsteller) das Versprechen abgenommen hat, dass er sie (die Freundin) nie in einem Roman nutzen würde.

Kommt er im Roman vor? (Quelle)


Ein Kapitel beschäftigt sich mit einem erfolgreichen brasilianischen, gerade grau werdenden Autor, welcher gerne esoterische Bücher über die Selbstfindung schreibt ("Frag den Kosmos, er wird antworten" als Buchtitel) (ein riesen-SIC!). Dieser weiß nicht so recht, ob er wirklich so fühlt, wie er es in seinen Büchern erzählt (und wie er es immer geglaubt hat) oder ob das alles (Selbst-)Lug-und-Trug ist. Er hält sich also jeden Abend eine Waffe in den Mund und stellt sich vor, was passiert, wenn er abdrückt.

Und alle diese Sachen hängen lose zusammen. Nicht so, wie bei bekannten Filmen, wo sich am Ende alle Schicksale zu einem Hauptschicksal verbinden. Nein, es passiert ja nichts abschließendes. Man kann die Geschichten auch wild durcheinander lesen. Der Effekt dürfte der gleiche sein: ein dumpfes Gefühl, dass das irgendwie eine Bedeutung hat, wobei unklar ist, welche genau. Vielleicht gibt es auch keine EINE Bedeutung. Vielleicht ist das eher eine Sammlung von Geschichten, welche jede für sich zum Nachdenken anregen soll.

Zusammengefasst bin ich also nicht unbedingt überzeugt von diesem Werk. Andererseits, wer sich an der Deutung ausprobieren will: Nur zu, das Buch könnte man an einem Tag durchjagen, da es sehr lesbar (am Anfang fand ich es allerdings ein wenig plump) geschrieben ist und gerade so die 200 Seiten schafft.

Sonntag, 1. April 2012

John Irving - Witwe für ein Jahr


Fuck you, Mister Irving! Ja, schmunzel nich' so!

Quelle
Kannst doch nicht so ein perfektes erstes Buchdrittel (erstes Kapitel) schreiben. Ein Kapitel, welches wohl im Bertelsmann in der Wikipedia die Bedeutung von "rund" übernehmen wird. Ein Kapitel, in welchem man alle Figuren sofort liebgewinnt. In welchem die richtige Abstimmung zwischen Detailgrad und Geradlinigkeit gefunden ist. Wo man nie das Gefühl hat, irgendwann geht alles in die Brüche. Sondern einfach gar nicht an die Zukunft denkt, weil der Augenblick so toll beschrieben wird. Nie fragt man sich "Huch, das Buch heißt doch 'Witwe für ein Jahr', was hat das denn damit zu tun?" Und dann BAM! 32 Jahre später.

Warum schlägt die anfängliche Ungeduldigkeit ("Was ist mit den Figuren passiert?") in lähmende Starre ("Aha, Nebenperson X hat also früher in einem Hotel in den Alpen immer Winterurlaub gemacht ... aber nur alle zwei Jahre, weil ja geschieden und geteiltes Sorgerecht") um? Warum muss einem noch ein konstruierter Mord untergejubelt werden? Warum wird eine eh schon langweilige neue Person gekillt? Und überhaupt - die Figuren, welche am Anfang am interessantesten waren, werden kaum noch behandelt. Stattdessen wird die Person behandelt, welche ihren Charme im ersten Kapitel im Grunde nur aus ihrem Kindsein zog.

Nichts für ungut. Lesen lässt sich das ganze echt smooth. Im ganzen Buch. Aber die ähnlich erstarrendem Kerzenwachs zähen Längen im Mittel- bis Endteil (gefüllt mit geschickt versteckten Betrachtungen über das Autorenleben, was eindeutig autobiographisch ist) passen imho nicht wirklich zum Anfang. Dazu kommen die teils unrealistischen Handlungsverläufe und die Hinwendungen zu Personen, welche einen nicht wirklich interessieren, geschweige denn zum Mitfiebern anregen.

Quelle
Kurz zur Geschichte (ist ja vielleicht auch nicht so unwichtig). Paar bestehend aus notorischem Frauenheld und wunderschöner, aber kalter Frau haben nach dem schrecklichen Tod ihrer beiden perfekten Söhne noch eine Tochter bekommen. Frau kann dieses Kind aber nicht mehr so lieben wie ihre Söhne. Mann will die Scheidung mit dem anstehenden Kampf ums Sorgerecht einleiten, indem er einen zwanzig Jahre jüngeren Spross einer befreundeten Familie über den Sommer einlädt. Er weiß, dass dieser 16-jährige Junge seinen Söhnen sehr ähnlich sieht und dass seine Frau eine Affäre mit ihm anfangen wird, weil sie ihre Söhne in dem Jungen sieht und seit Jahren gefühlsmäßig ausgezehrt ist. Frau macht das tatsächlich, aber will das Sorgerecht gar nicht. Ihr war schon vorher klar, dass sie ihren Mann und ihre Tochter für immer verlassen wird.

Später konzentriert sich das Buch fast ausschließlich auf die mittlerweile erwachsene Tochter und ihr Leben vor und nach dem Abschied der Mutter. Die anderen Personen kommen eher nebenbei vor.

Auf jeden Fall Daumen-hoch I Like Plus One für das erste Drittel des Buchs. Ein Meh auf hohem Niveau (welches vom ersten Kapitel gesetzt wurde) für den Rest. Irving's Schreibweise gefällt allerdings. Also mal sehen, was es von ihm noch so gibt.

Donnerstag, 29. März 2012

Extrem laut und Unglaublich nah


Quelle

Im Bücherschrank des Vaters ist mir schon immer folgendes Buch aufgrund seines Covers (siehe rechts) aufgefallen. Es heißt "Alles ist erleuchtet" und wurde von Jonathan Safran Foer geschrieben. Zum Inhalt des Buches kann ich leider nichts sagen, ich habe es bis jetzt nicht gelesen. Der sehr wohlklingende Name des Autors blieb mir allerdings im Gedächtnis haften und wurde mir vor ein, zwei Jahren wieder gewahr, als sein Buch "Tiere essen" erschien. Zugegebenermaßen auch das wieder ein Thema, was mich kaum interessiert.

Foer's zweites Buch "Extrem laut und Unglaublich nah" (er hat nur drei Romane geschrieben) ist dasjenige, welches als nächstes die Chance hatte, mein Interesse zu erlangen. Zusätzlich habe ich gelesen, dass Foer in seinen Werken wohl einige Elemente des magischen Realismus benutzt, was für mich zumindest erstmal ein Pro-Argument war. Enttäuschung machte sich breit, als ich bemerkte, dass das Buch vor dem Hintergrund des 11. Septembers 2001 geschrieben ist.

Jonathan Safran Foer (Quelle)
Irgendwie baut sich da eine innere Schranke auf, die verhindert, sich mit solchen Sachen näher zu beschäftigen. Dat Mopped ist allerdings gerade verfilmt worden. Also wurde flugs der Film geschaut.

Halten wir es kurz. Es geht um einen (besonderen) Jungen, der seinen Vater während der Anschläge verloren hat und damit nicht zurecht kommt *kaumzuglaubennichtwahr*. Ein Jahr später findet er einen Schlüssel und den Namen "Black" im bisher nicht beräumten Schrank seines Vaters und beschließt herauszufinden, für welches Schloss der Schlüssel gedacht ist. Warum? Schöne Analogie dazu: Sollte die Sonne explodieren, weiß man auf der Erde aufgrund der Lichtgeschwindigkeit etwa 8 Minuten noch nichts davon, es ist also noch alles in Ordnung. Wenn nun der Junge, dessen Vater mit ihm früher oft auf "Expeditionen" bzw. "Schatzsuche" ging, sich dieser Aufgabe stellt, würde er den Zeitpunkt, an dem er seinem Vater für immer Lebewohl sagen müsste, hinauszögern.

Filmcover (Quelle)
Insgesamt ein schöner Film, der natürlich mit den schrecklichen retrospektiven Szenen des 11. Septembers Gänsehaut erzeugt und einen guten Kinderschauspieler besitzt (trotz manchmaligem Overacting). Auch die Geschichte an sich ist nahegehend und - wichtig - nicht mitleidheischend oder schlimmer noch - überzogen patriotisch (ist sie überhaupt nicht, dies spielt nämlich gar keine Rolle). Das Ende hat mich nicht ganz überzeugt, schien ein wenig überhastet und nicht ganz so "glaubhaft" wie die vorherigen Szenen. Auch eine Nebenstory, welche den Vater des Vaters behandelt, kommt unausgereift rüber. Keine Ahnung, wie das im Buch ist. Sicher sehr viel mehr mit der Hauptstory verwoben als im Film.

Im Nachhinein ist mir klar geworden, dass es bei Filmen (als auch bei Büchern) wohl sehr viel schwerer ist, ein nachvollziehbares und nicht Bubblegum-Kino-artiges Happy-End zu erzeugen als ein Sad-End, welches ja meistens sehr viel bedeutungsschwerer und intellektueller bzw. realistischer rüberkommt.

Mittwoch, 21. März 2012

Georges Simenon - Der Mann, der den Zügen nachsah


Kees Popinga, niederländischer Prokurist, stets besonnen und intelligent, bemerkt, dass bei einem Auftrag seiner Reederei irgendwas schief läuft. Verantwortungsbewusst sondiert er auch spät abends noch vor Ort die Lage, wird aber nicht schlau daraus. Auf dem Heimweg sieht er seinen Chef in einer heruntergekommenen Spelunke, welche sich normalerweise für Leute wie ihn und seinen Vorgesetzten nicht unbedingt ziemt. Dieser, etwas angetrunken, steckt ihm, dass er aufgrund einiger krummer Geschäfte mit dem Firmenvermögen fliehen wird.

Quelle
Geschockt geht Kees nach Hause. Also in die Richtung seines immer wieder gleich verlaufenden Alltags. Er merkt, dass sein Leben eigentlich langweilig ist. Am nächsten Morgen ist klar, dass der Plan seines Chefs funktioniert hat. Dieser Morgen ist auch der Zeitpunkt, an dem wiederum Kees gewahr wird, dass er so nicht weiter machen will.

Schon immer erfüllte ihn das Vorbeizuckeln der Nachtzüge in seiner Heimatstadt mit Fernweh und Neugier. Was sind das für Menschen, deren Silhouetten er auf erleuchtetem Hintergrund sieht? Haben diese nicht ein viel interessanteres Leben als er mit seiner distanzierten Frau ("Mutti"), den gut erzogenen Kindern und der perfekt eingerichteten Villa?

Er entschließt sich, einmal in seinem Leben das zu machen, auf was er Lust hat. Das zu tun, was gesellschaftlich geächtet ist, aber doch jeder insgeheim.

Ihm unterläuft ein Mord. Direkt als erstes auf seinem Weg in die Freiheit. Dies beunruhigt ihn nicht, er weiß ja, dass er es nicht so wollte und so nimmt er ohne viel Hektik den Zug nach Paris. In Paris angekommen, ohne Gepäck und mit viel Geld (welches ihm sein Chef zum Abschied gab), führt er sein von gesellschaftlichen Zwängen ungebundenes Wunschleben fort, muss sich aber immer wieder die ihn verfolgende französische Polizei vom Hals halten.

Kees wähnt sich auf moralischer als auch auf gedanklicher Ebene im Vorteil, fühlt sich aber von der Presse, welche über den Fall berichtet und den ermittelnden Kommissar, den er nicht kennt, sondern nur aus der Zeitung von ihm erfährt, trotz seiner gelungenen Schachzüge in diesem Versteckspiel nicht ausreichend gewürdigt. Wie soll er so sein neues, freies Leben genießen?

Quelle
Ein zeitloser Midlife-Crisis-Roman von Georges Simenon, welcher sehr schnörkellos geschrieben ist und die Geschichte aus Kees' Sicht berichtet. Über ihn wird manchmal ein wenig spöttisch, aber gleichzeitig liebevoll berichtet. Kees ist aber auf jeden Fall ein Charakter, den man mögen muss, denn er will einfach nur nicht vor Langeweile verrotten.

Er will sich vom Leben treiben lassen und will Anerkennung aufgrund seiner Person, nicht aufgrund erbrachter familiärer, materieller oder beruflicher Leistungen. Allerdings ist nicht klar: Ist das überhaupt möglich? Oder nur für skrupellose Personen? Muss man dazu vielleicht geboren sein?